Einladung/Invitation: Dennis Rudolph "Paradise Lost – California City" (SEVEN SWANS perspectives, FFM)



SEVEN SWANS perspectives
Dennis Rudolph "Paradise Lost – California City"

Vernissage: 31. Januar, 19 - 22 Uhr

SEVEN SWANS
Mainkai 4
60311 Frankfurt am Main

Ausstellungsdauer: 31. Januar - 10. Februar 2013

Öffnungszeiten:
Do - Sa 19 - 22 Uhr
Mo - Mi auf Anfrage

www.sevenswans.de/perspectives

„Am westlichsten Punkt der westlichen Welt, wo die kulturelle Hegemonie des Westens ihre Klimax erreicht hat, werde ich eine doppelseitige Paradies- und Höllenpforte errichten. Hier, wo Elemente der indigenen mexikanischen Kultur in den aufgeklärten Westen zurücksickern, zeigt diese Hegemonie Risse – hier wird es möglich, sie in Frage zu stellen und hier wird sie möglicherweise implodieren."

Wir freuen uns sehr, mit Dennis Rudolph die zweite Ausstellung der Reihe SEVEN SWANS perspectives zu eröffnen! Dennis Rudolph ist ein Berliner Künstler, der sich mit dem Erbe der abendländischen Kultur, dem 'Trauma der Moderne' und utopischen Weltentwürfen auseinandersetzt. Die Ausstellung „Paradise Lost – California City" kreist um ein Land Art Projekt, das Rudolph aktuell in der kalifornischen Wüste realisiert.

Eine Video-Arbeit zeigt den Sonnenaufgang über California City – aufgenommen am Gipfel eines am Stadtrand gelegenen Wüstenberges, an eben jenem Ort, den der Künstler für sein Portal gewählt hat. California City liegt 150 km nördlich von L.A., inmitten der Mojavi Wüste. Die Stadt wurde 1958 durch den Immobilienentwickler Nat Mendelsohn gegründet, der von dem Ehrgeiz besessen war, mit seiner Modellstadt die Megacity Los Angeles an Größe und Bedeutung zu überbieten. Auf einer Fläche von 527,4 km2 (die somit größer ist als das Stadtgebiet von L.A.) wurden Grundstücke, ja ein gesamtes Straßennetz mitsamt einer vollkommen intakten Beschilderung angelegt. Der erwartete Bevölkerungsstrom jedoch blieb aus, der besiedelte Bereich hat lediglich die Größe eines Dorfes erreicht. California City ist Sinnbild einer gescheiterten stadtplanerischen Utopie. Ihre Straßen führen buchstäblich ins Nichts der Wüste. Hier gibt es nur Staub und das monotone Rauschen des Windes, das dann und wann vom Geräusch militärischer Test-Flugdrohnen zerschnitten wird. Als gescheitertes Real Estate Projekt erscheint California City wie ein Prolog zu den absurden Spektulationen, welche die Kapitalmarkt-Krise unserer Gegenwart ausgelöst haben.

Ein Portal inmitten der Wüste – das ist die künstliche Setzung einer Schwelle, die in den homogenen Raum plötzlich eine Ebene der Transzendenz einführt. Paradiespforten schmücken traditionellerweise Kirchenportale, wo sie die Differenz zwischen dem profanen Außenraum und dem sakralen Raum der Kathedrale markieren. Diesen vormodernen Himmel-Hölle-Dualismus deutet Rudolph – im Sinne der Postmoderne, in der die Idee eines Jenseits unmöglich geworden ist – in Hinblick auf die großen Versprechen, das ‚Imaginäre' der westlichen Kultur um. In der Bildwelt seines Tors bringt der Künstler das Motivrepertoire des europäischen Barock mit banalen Alltagsimpressionen seines sechsmonatigen Kalifornien-Aufenthalts in Dialog. Ein Zusammenspiel, das mitunter in absurden Dissonanzen auseinanderklafft, mitunter zu einer überschwänglichen, verklärten Einheit amalgamiert. „Die überaus komplexe, medial vermittelte Wirklichkeit, die uns vor allem als eine unaufhörlich und immer schneller werdende Flut von Bildern und Informationen erscheint, kann nämlich im althergebrachten Sinne, ohne an Komplexität zu verlieren, nur als weißes Rauschen zu einer gelungenen Darstellung gebracht werden", so der Kunsttheoretiker und Philosoph Philipp Kleinmichel (Philipp Kleinmichel „Zu Dennis Rudolph. Paradise Lost").

Ziel der Ausstellung ist es, dieses Projekt, das sich der Ausstellbarkeit per se verweigert, erfahrbar zu machen: In einer überbordenden Fülle von Entwurfsskizzen, Studien, Fundmaterial und fotografischen Impressionen, die von der eigentümlichen Sogkraft einer künstlerischen Vision zeugen. Wenn auch das Portal selbst im Ausstellungsraum abwesend ist, so nimmt das Kunstwerk in der Dichte des angesammelten Materials eine umso greifbarere, unabweisbarere Präsenz an.

Dennis Rudolph (*1979 in Berlin) studierte an der Repin-Akademie in Sankt Petersburg und an der Universität der Künste, Berlin (Klasse Wolfgang Petrick). Er wird durch die Galerien Jette Rudolph (Berlin) und Upstream Gallery (Amsterdam) vertreten. Jüngste Ausstellungen: „Paradise Lost – Feat. White Supremacy" (Galerie Jette Rudolph, Berlin, 2013), „Wege in den Nihilismus" (Upstream Gallery, Amsterdam, 2012), „Death can dance" (Townhouse, Zürich, 2012), „Donatello parmi les fauves" (Galerie Olivier Robert, Paris, 2012). Dennis Rudolph lebt und arbeitet in Berlin.