Polizei stürmt Studentenparty

Nach erneuten Demonstrationen gegen die geplanten Studiengebühren hat die Polizei in der Nacht auf Donnerstag eine Party im Studierendenhaus auf dem Campus Bockenheim gestürmt. Dabei wurden 47 Studenten der Goethe-Universität vorübergehend festgenommen und zum Teil verletzt.

Frankfurt - Am Morgen danach sieht das Studierendenhaus verwüstet aus. Zertrümmerte Tische und Stühle liegen auf dem Boden und Glasscherben knirschen unter den Sohlen, als die ersten freigelassenen Studenten zurückkehren. Einige haben große Platzwunden im Gesicht, bei einem jungen Mann klafft eine Wunde von der linken Schläfe über die Augen bis zum rechten Ohr. "Wir haben hier friedlich unsere gelungene Protestaktion gefeiert, als plötzlich die Polizei eine Scheibe zertrümmerte und mit Knüppeln auf uns losschlug", sagt die 20-jährige Alexandra, die am Ohr verletzt ist. "Das war ein knallharter Überfall."

Nachdem Zeugen in der Nacht gegen 1.30 Uhr mehrere Sachbeschädigungen rund um die Bockenheimer Warte gemeldet hatten, umstellte die Polizei mit großem Aufgebot das Studierendenhaus auf dem Bockenheimer Uni-Campus. Vermummte Personen, die die Schaufenster des STA-Travel-Reisebüros und eines früheren Bücherladens am Campus eingeworfen haben sollen, hätten sich auf eine Party im Café KOZ zurückgezogen, hieß es. Ein Partygast sagte in der Nacht, mehrere Leute hätten das Fest verlassen, "weil sie glaubten, es sei eine gute Idee, Randale zu machen und sich danach zu verbarrikadieren". Er, ein Lehrsamtsstudent, halte das für töricht: "Die verbauen sich unter Umständen ihre Zukunft." Weil die verschanzten Studenten nach Angaben der Polizei trotz mehrmaliger Aufforderung nicht herauskamen, sei das Studierendenhaus gegen 3.30 Uhr gestürmt worden. Die mit Schutzhelmen und Schlagstöcken bewehrten Einsatzkräfte schlugen dazu eine Scheibe neben dem Eingang ein.

Zuvor seien die Verhandlungen mit dem herbeigerufenen Vorsitzenden des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta), Amin Benaissa, fehlgeschlagen, heißt es am Donnerstag. "Es gab einen Durchsuchungsbefehl, weil eine Straftat vorlag. Als die Tatverdächtigen das Gebäude nicht freiwillig verlassen wollten, haben sich die Einsatzkräfte gewaltsam Zutritt verschafft", berichtet Polizeisprecher André Sturmeit. Die Darstellung der Studenten, die Polizei sei beim Einsatz mit "übertriebener Härte" vorgegangen, will Sturmeit "nicht bestätigen". Im Gegenteil seien die Beamten mit Flaschen und Bierkästen beworfen worden.

Asta-Vorstand Benaissa erklärt, die Polizei habe nach seiner Ankunft ein nicht erfüllbares fünfminütiges Ultimatum gestellt, die "friedliche und ausgelassene Party" von etwa 100 Studierenden im KOZ zu räumen. An einer Vermittlung seien die Beamten nicht interessiert gewesen. Da niemand etwas von den zerbrochenen Schaufenstern mitbekommen habe, "sind viele Studenten in Panik geraten, als die Polizei das Gebäude umstellt hat, und haben sich verbarrikadiert". Neben "vielen unschuldigen Studenten" seien ein Asta-Mitglied und zwei Pförtner des Studierendenhauses festgenommen worden.

Benaissa wertet den Einsatz als "gezielten Angriff gegen die Bewegung" und wirft der Polizei eine "gezielte Eskalation" vor. So sehen es auch viele Studenten. "Während sich die Polizei bei unseren Protesten tagsüber offensichtlich zurückgehalten hat, um während der WM in der Öffentlichkeit keine schlechten Bilder zu produzieren, wurde jetzt die Nacht genutzt, um mit aller Härte gegen uns vorzugehen", sagt Arthur, 22, der die Nacht in einer Zelle verbracht hat.

Am Nachmittag gehen die Proteste weiter. Auf der Eschersheimer Landstraße wurden etwa 200 Studenten wie tags zuvor in Sachsenhausen von der Polizei eingekesselt. Beide Gruppen einigten sich auf eine Demo-Route, die dann zur Fachhochschule führte. Dort setzten sich die Studenten auf die Fahrbahn der Nibelungenallee. Später blockierten sie den Cityring und drangen in die Börse ein. Es kam zwischenzeitlich zu Staus. Die Demo blieb friedlich und löste sich gegen 17.30 Uhr auf.

siehe auch: http://germany.indymedia.org/2006/06/150785.shtml